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Social Media Recht | Von Hass & Hetze bis Kontosperrung

Ein tatsächliches Social Media Recht gibt es (noch) nicht. Vielmehr finden diverse „allgemeine“ Gesetze Anwendung auf entsprechende Social Media-Sachverhalte. Einzelne Gesetze sind aber bereits explizit im Hinblick auf die Social Media Plattformen geschaffen worden. Insoweit gibt es immerhin schon eine Art »Social Media Recht im Kleinen«.

Die Social Media Plattformen schaffen es auch immer mehr in den rechtlichen Fokus. Das ist auch nur allzu verständlich, spielt sich doch ein immer größerer Teil des zeitlichen Daseins auf Social Media ab.

„Social“ kann aber im Hinblick auf die Verhaltensweisen einiger Nutzer von Facebook, Instagram, Twitter, Youtube und Co. nur mit „asozial“ übersetzt werden. Beleidigungen, Hate Speech und Mobbing gehören weiter zur Tagesordnung in den entsprechenden Netzwerken. Auch das Urheberrecht wird nicht immer ganz so ernst genommen.

Wie beruhigend ist es da zu wissen, dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist. Auch herrscht hier keine vollständige Anonymität! Und besser noch: Gesetzgeber und Rechtsprechung machen bspw. in Sachen Hasskriminalität im Netz etwas ernster und verfolgen digitale Hetze zumindest ähnlich konsequent wie in der analogen Welt. Die Beleidigung auf Facebook ist nicht (mehr) „weniger wert“ als die Beleidigung auf der Straße!

Es gehört zur Wahrheit: In Sachen Social Media Recht bzw. der wirklich effektiven Verfolgung von Unrecht im „sozialen“ Internet besteht weiter ordentlich Handlungs- und Nachholbedarf.

Das Social Media Recht kennt auch Schadensersatz und Schmerzensgeld

Es kann sich aber schon heute durchaus lohnen, gegen Hetzer, Mobber oder gegen das Urheberrecht verstoßende Rechtsverletzer vorzugehen. Hier winkt neben Beseitigungs- und Unterlassungsansprüchen auch Schmerzensgeld und Schadensersatz (z.B. auch die Erstattung von Abmahnkosten).

Die Beleidigung bei Facebook hat mitunter sogar „mehr Gewicht“ als die Beleidigung auf der Straße (was relevant sein kann für die Höhe des Schmerzensgeldes). Während auf der Straße allenfalls ein paar Passanten die Beleidigung vernehmen, ist der potenzielle Empfängerkreis auf Social Media Plattformen ungleich größer. Folglich auch die potenzielle Ehrverletzung. Und in letzter Konsequenz auch das potenzielle Schmerzensgeld.

Social Media Recht besagt: Plattformen haben keine Narrenfreiheit!

Es kommt zudem immer wieder vor, dass Facebook, Instagram, Youtube und Co. ihrerseits für Ärger beim Nutzer sorgen. So werden Social Media Accounts aus wenig nachvollziehbaren Gründen gelöscht oder Kanalbetreiber demonetarisiert, ohne auch nur in irgendeiner Weise den (vermeintlich) begangenen konkreten Richtlinienverstoß mitgeteilt zu bekommen. Auch hier sind die Nutzer nicht schutz- und rechtslos gestellt.

Die großen Social Media Anbieter haben zwar das „Hausrecht“. Das gilt aber keinesfalls grenzenlos. Und auch wenn Facebook und Co. im Ausland sitzen, haben sie sich bei „deutschen Sachverhalten“ an deutsches Recht zu halten.

Die ganze Bandbreite an Rechtsverstößen auch auf Social Media

Aufgrund der großen und weitreichenden menschlichen Präsenz auf Social Media ist auch das Folgende wenig verwunderlich:

Ob Urheberrechtsverletzungen

Ob rechtswidrige Nutzung von (Fake-)Internet-Bewertungen

Ob Wettbewerbsverstöße

…auf Social Media werden kaum Rechtsverstöße ausgelassen.

Meine Publikationen zum Themenfeld Social Media Recht:

»Das Internet ist kein rechtsfreier Raum«

Zwar hieß es schon in den grauen Anfangszeiten des Internets, dass das Internet kein rechtsfreier Raum sei. In der Realität sah es aber meist doch anders aus. Insbesondere auch in puncto Social Media Recht. Das lag u.a. daran, dass die digitalen Täter den Ermittlungsbehörden in puncto IT und Co. massiv überlegen waren.

In der jüngeren Vergangenheit scheinen aber Politik, Strafverfolgungsbehörden und Rechtsprechung etwas ernster zu machen. Hier ist auch zu beobachten – bzw. zu erahnen – dass manch IT-Experte „die Seiten“ gewechselt zu haben scheint. Aus einigen hochtalentierten Nerds und Hackern dürften mittlerweile honorige Sicherheitsbeamte geworden sein, die ihr Know-how nunmehr in den Dienst des Staates bzw. quasi auch in den Dienst der Durchsetzung des Social Media Rechts stellen.

Pseudonym statt anonym – Social Media Recht ist daher grundsätzlich durchsetzbar

Das ist dann nicht mehr ganz so ideal für jene besonders „Mutigen“, die aus der vermeintlichen Anonymität des Internets heraus beleidigen, hetzen und mobben.

Das Wort „vermeintlich“ kann hier gar nicht genug hervorgehoben werden: Denn Anonymität bedeutet vereinfacht gesagt die absolute Nichtrückverfolgbarkeit. Und die kann es im Internet von vornherein nicht geben. Irgendwo hinterlassen selbst die begabtesten IT-ler irgendwelche digitalen Spuren.

Die digitalen Hater, Mobber und Konsorten wähnen sich faktisch also allenfalls in der Pseudonymität. Hier mag man zwar für die anderen Plattformnutzer „in real unsichtbar“ sein. Für den Plattformbetreiber, insbesondere aber die Strafverfolgungsbehörden und Provider, ist das „Aus-der-Pseudonymität-Befördern“ mit etwas „Glück“ grundsätzlich ein Kinderspiel.

Zugegeben: Der „Grundsatz“ ist ja auch erstmal nur etwas Theoretisches. In der (Rechts-)Praxis geht es dann doch nicht immer ganz so einfach bzw. erfolgreich vonstatten.

Aber: Es funktioniert immerhin besser und besser. Den personell und technisch stetig zeitgemäßer aufgestellten Ermittlungsbehörden sei Dank. Auch das Gesetz zieht zumindest in langsamen Schritten nach. Da das Thema Social Media Recht immer mehr in den medialen Fokus rückt, steigt auch der Druck auf Politik und Behörden, es noch deutlich besser zu machen.

Aus der Pseudonymität direkt vor den Richter

Das „Schöne“ ist: Auch wenn es wegen technischer, rechtlicher und zeitlicher Barrieren (z.B. nur temporäre „Speicherung“ der IP-Adressen beim Provider) dann doch nicht immer so einfach ist, das digitale Gegenüber auf Social Media und Co. in natura ausfindig zu machen, kommt hier der vorgenannte Irrglaube zugute:

Denn weil auch viele digitale Täter von einer vollumfänglichen Anonymität ausgehen bzw. jedenfalls in dem Glauben ihr digitales Unwesen treiben, wonach in solchen Fällen ja sowieso niemand ermitteln würde, machen sich die Täter auf Social Media oft schon gar nicht die Mühe, ihren realen Background zu verschleiern. So ist es dann besonders „einfach“, z.B. über die Strafverfolgungsbehörden oder gestützt auf das Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetz (TTDSG) an die Echtdaten zu kommen.

Hier ist auch von Bedeutung, dass die Big Player Facebook, Instagram, Google, Youtube und Co. fortan nach dem neuen § 3a des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) mitunter dazu verpflichtet sind, grobe Rechtsverletzungen proaktiv direkt an das Bundeskriminalamt zu melden.

»Klarnamen und echte Daten von Tätern im Internet herausbekommen«

Konkret folgt aus dem noch jungen § 21 Abs. 2 TTDSG (vorher § 14 Abs. 3 TMG) die Möglichkeit, die Bestandsdaten und Nutzungsdaten (Name, E-Mail-Adresse, Anschrift, IP-Adresse mitsamt Nutzungszeiten) im Hinblick auf Internet-Täter vom „Telemedienanbieter“ (Social Media Plattformen, Google etc.) auskunftsweise zu verlangen. Was häufig die Grundvoraussetzung dafür ist, das Social Media Recht auch durchsetzen zu können.

Doch wieder gilt: Ganz so einfach ist es dann doch nicht. Hier muss erstmal der oft beschwerliche Umweg über das Gericht gegangen werden (siehe § 21 Abs. 3 TTDSG).

Auskunftsanspruch nach § 21 Abs. 2 TTDSG häufig ein zahnloser Tiger

Und in Betracht kommt dieser Umweg auch lediglich bei besonders schweren Rechtsverletzungen. Namentlich solchen Verletzungen, die vom „Straftaten-Katalog“ des § 1 Abs. 3 Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) erfasst werden: Insbesondere Volksverhetzung, Beleidigung, üble Nachrede, Verleumdung, Bedrohung.

Und selbst wenn hier „alles passt“ und das Gericht insoweit dem Auskunftsverlangen stattgibt, kommt es mitunter zum nächsten Problem: Wenn sich die o.g. Internet-Täter nämlich doch etwas Mühe gegeben haben, ihren realen Background zu verschleiern, dann nützt der beste gerichtlich angeordnete Auskunftsanspruch gegenüber den Social Media Plattform auch nichts.

Denn dann bekommt man von der Social Media Plattform zwar die Bestandsdaten. Mit denen lässt sich aber nichts Zielführendes anfangen, wenn es sich insoweit um Fake-Daten handelt. Im worst case verfügt die Social Media Plattform auch nicht mal über eine hinreichend valide IP-Adresse (aufgrund des Einsatzes von VPN o.ä.).

Auch im Social Media Recht wird die IP-Adresse bzgl. Identifizierbarkeit überschätzt

Wenn in diesen Fällen doch immerhin eine valide IP-Adresse vorliegt, ist man vor das nächste Problem gestellt. Eine IP-Adresse kann noch so „korrekt“ sein, sie muss aber erstmal der realen Person zugeordnet werden. Und da die Access Provider (Deutsche Telekom, 1&1, Vodafone & Co.) hier in der Regel allenfalls sieben Tage lang speichern, lässt sich schnell erahnen, wie (wenig) erfolgsversprechend insoweit ein Vorgehen wäre. Hier muss zeitlich und technisch schon einiges passen, damit man zum Ziel kommt.

Zum Verständnis: Wenn z.B. die „anonyme“ Beleidigung auf Facebook erfolgte, verfügt Facebook jedenfalls über gewisse (Fake-) Bestandsdaten. Nunmehr müsste das Gericht auf den (auf § 21 Abs. 2 TTDSG gestützten) Antrag des Beleidigten hin erstmal prüfen, ob tatsächlich eine rechtlich relevante Beleidigung vorliegt. Bei Bejahen dieser Frage, bekäme der Beleidigte dann ggf. den vorgenannten Auskunftsanspruch gegenüber Facebook zugesprochen.

Das heißt: Der Beleidigte hat nun gegenüber Facebook das Recht, im Falle von fehlenden/fehlerhaften sonstigen Bestandsdaten immerhin die IP-Adresse zu erfahren. Mit dieser IP-Adresse muss der Beleidigte folglich beim Access Provider (Telekom und Co.) „anklopfen“, um dort die Zuordnung der IP-Adresse zum tatsächlichen Anschlussinhaber zu erwirken. Und das alles idealerweise binnen maximal sieben Tagen.

Und selbst dann ist es noch gut möglich, dass der tatsächliche Anschlussinhaber die Schuld von sich weist und dahingehend mit dem Zaunpfahl winkt, wonach ja mehrere Teenager im Hause auch Zugriff auf den Anschluss hatten…

Ungünstig (im wahrsten Sinne des Wortes) ist auch: Die Kosten für dieses „Auskunftsanspruchsverfahren“ trägt – jedenfalls zunächst – der Verletzte.

Mittels Strafanzeige an die echten Daten kommen

Im Zweifel könnte insofern der Umweg einer Strafanzeige zweckmäßiger sein. Dabei macht man sich zunutze, dass der Verletzte (durch einen Rechtsanwalt) im Rahmen eines etwaigen Ermittlungsverfahrens Akteneinsicht verlangen darf. Und insoweit – mit etwas (etwas viel…) Glück – davon profitieren könnte, dass die Strafverfolgungsbehörden die echten Daten des „Social Media Täters“ im Hinblick auf ein strafgerichtliches Verfahren ermittelt haben.

Man „staubt“ dann quasi im Rahmen eines strafrechtlichen Verfahrens im Hinblick auf ein intendiertes zivilrechtliches Vorgehen „ab“. Und dies prinzipiell auch noch völlig kostenlos. Klingt zu schön, um wahr zu sein.

Und tendenziell ist es meist auch nicht „wahr“. Denn regelmäßig handelt es sich bei den angezeigten Straftaten um sog. Bagatelldelikte, bzgl. derer die Staatsanwaltschaft mangels öffentlichen Interesses das Verfahren einstellen und den Verletzten auf den Privatklageweg verweisen kann.

Was sie regelmäßig auch tut…

»Abmahnung – Mal berechtigt, mal Abzocke. Aber immer ernst zu nehmen!«

»Wer Hass und Hetze liked, kann vom Richter ein Dislike bekommen«

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