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Online-Glücksspiel | Verlierer ja, Gewinner nein

Online-Glücksspielanbieter mögen keine Gewinnertypen. Erdreistet sich ein Zocker auch noch, diese Gewinne auszahlen zu lassen, stößt das nicht immer auf Gegenliebe beim Anbieter. Die Auszahlung wird dann mitunter mit allenfalls halbgaren Begründungen verweigert.

Wettanbieter zahlt Gewinn nicht aus

Insbesondere Wettanbieter berufen sich im Hinblick auf angeforderte Auszahlungen häufig auf wundersame AGB, gegen die der Spieler verstoßen haben soll. Erfreulicherweise haben die Anbieter bei der Fassung ihrer AGB aber keine Narrenfreiheit. Konkret: Vieles, was hier im Kleingedruckten steht, ist rechtlich unwirksam! Darauf kann man gar nicht genug hinweisen, da viele Spieler davon ausgehen, es handele sich bei den AGB quasi um eine Art erweitertes – stets wirksames – Gesetzeswerk.

Aber weit gefehlt. Glücklicherweise haben die Anbieter keine umfängliche Rechtsetzungskompetenz. Ansonsten könnten die Anbieter ja nach eigenem Gutdünken etwa festschreiben, dass sie immer letztentscheidungsbefugt wären, was und wie viel sie auszahlen bzw. welche Wetten sie (nachträglich!) gelten lassen wollen. Erstaunlicherweise fanden sich mitunter tatsächlich vergleichbare Regelungen in manch AGB…

Die Letztentscheidungsbefugnis hat im Zweifel aber allein der Richter. Jede Wette!

Online-Casinos zur Rückzahlung von Verlusten verpflichtet?

Einzahlungen durch die Spieler sind freilich immer gern gesehen. „Blöderweise“ aber nicht immer vom deutschen Recht. Dies gilt insbesondere für den Zeitraum vor Inkrafttreten der Neufassung des Glücksspielstaatsvertrages am 01.07.2021. „Blöderweise“ vorwiegend aus der Perspektive von Online-Casinos. Denn wenn – wie im Regelfall – zwischenzeitlich die Einzahlungen verzockt worden sind, können Spieler einen Anspruch auf Rückzahlung der (rechtsgrundlosen) Einzahlungen haben.

Was nämlich kaum ein Spieler – und selbst manch Jurist nicht – weiß/wusste: Online-Casinos waren auf deutschem Boden mindestens bis zum o.g. Datum illegal (Ausnahme ggf. bei Wohnsitz der Spieler in Schleswig-Holstein). Auch wenn die Online-Casinos vieles dafür taten, den Eindruck von Legalität zu erwecken, war die deutsche Rechtslage sehr eindeutig, siehe § 4 Abs. 4 GlüStV.

Welch ein »Glück«, dass es Gerichte gibt: Geld zurück vom Online-Casino!

In den vorgenannten Fällen lassen sich also durchaus Auszahlungen und Rückzahlungen durchsetzen. Das letzte Wort haben nämlich nicht die Glücksspielanbieter, sondern die deutschen Gerichte. Die meisten Anbieter sitzen zwar im Ausland, sind aber dennoch „greifbar“. Das zeigt die jüngere Rechtsprechung. Diverse Gerichte entscheiden etwa vermehrt und ziemlich einhellig zugunsten der (ehemaligen) Spieler und verurteilen Online-Casinos zur Rückerstattung von Verlusten.

Exemplarisch:

Landgericht Gießen, Urteil vom 21.01.2021 – 4 O 84/20 [ca. 12.000 Euro]

Landgericht Paderborn, Urteil vom 08.07.2021 – 4 O 323/20 [ca. 132.000 Euro]

mit Signalwirkung der Beschluss des Oberlandesgericht Hamm vom 12.11.2021 – I-12 W 13/21

Um es nochmal ganz plakativ zu machen: Diverse Gerichte haben in den vergangenen Monaten klagenden Spielern den kompletten Geldbetrag zugesprochen, den diese zuvor – teilweise über Jahre hinweg – bei den Online-Casinos (oft suchtbedingt) verspielt haben. Das waren mal etwa 3.000 Euro und mal ca. 300.000 Euro.

Es zeigt sich: die Durchsetzung des Rechts ist jedenfalls nicht so sehr vom Glück abhängig, wie das Glücksspiel selbst.

Warnung

Einzelne Anwälte der Online-Casinos versuchen Spieler von ihrem Rückerstattungsbegehren abzubringen. Mal mehr, mal minder dezent. Sei es in direkt an die Spieler adressierten Schreiben oder in entsprechenden Publikationen im Internet. Sie weisen (überaus fürsorglich…) darauf hin, dass sich betroffene Zocker ihr Vorgehen doch besser noch einmal überlegen sollten, da sie sich ja selber nach § 285 StGB (Beteiligung am unerlaubten Glücksspiel) strafbar gemacht hätten und mit der Rückzahlungsforderung die Staatsanwaltschaften auf den Plan rufen könnten.

Beim Namen: Die Spieler sich also gewissermaßen selbst ans Messer lieferten, so die Behauptung der (empathischen…) Anwälte der Gegenseite.

Da die meisten betroffenen Spieler erfahrungsgemäß jedoch – so auch im Querschnitt die Auffassung der Gerichte – keinerlei Ahnung von der Illegalität der Angebote (also vom Fehler der behördlichen Erlaubnis/Lizenz) hatten, scheidet eine solche Strafbarkeit mangels Vorliegens der sog. subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen allerdings von vornherein aus. Hier sei auch nochmal darauf hingewiesen, dass der gesamte Marktauftritt der Online-Casinos ja gerade darauf ausgerichtet war, mit diversen Mitteln (insbesondere Werbung mit auf deutschem Boden ungültigen Lizenzen) den Eindruck von Legalität zu erwecken.

Wenn Spieler aber tatsächlich mal in dem (zumindest Halb-) Wissen von der Illegalität in Online-Casinos gespielt haben, dann sollte von einer Rückforderung Abstand genommen werden.

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