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Abmahnungen

Urheberrechtsverletzungen und Wettbewerbsverstöße werden meist zunächst mittels Abmahnung verfolgt. Hierbei ist es wichtig zu wissen, dass Abmahnungen vielfach grundsätzlich berechtigt sind und dann einer umgehenden Reaktion bedürfen, die keinesfalls „Untätigkeit“ lauten darf (offensichtliche Fake-Abmahnungen mal ausgeklammert).

Grundsätzlich sogar im Interesse der Abgemahnten

Da Abmahnungen vom gesetzlichen Grundgedanken her der Vermeidung von – noch deutlich kostspieligeren – Gerichtsverfahren dienen (siehe z.B. § 97a UrhG oder § 13 UWG), liegen sie nüchtern betrachtet gar im Interesse des Abgemahnten (Abmahnungsmissbrauch sei hiervon explizit ausgenommen, s.u.). Dies mag komisch klingen, weil letztlich der berechtigt Abgemahnte die Abmahnkosten zu tragen hat. Allerdings ist „teuer“ doch gewiss vorzugswürdig im Vergleich mit der Alternative „sehr teuer“. Die Kosten für ein Gerichtsverfahren übersteigen die Abmahnkosten regelmäßig um ein Vielfaches. Und dabei sind die nervlichen Kosten noch gar nicht berücksichtigt.

Abmahnungen oft berechtigt und doch völlig falsch

Die besondere Krux aber ist: So berechtigt die Abmahnung in ihren Grundzügen auch sein mag, so unberechtigt ist sie häufig in ihrer inhaltlichen Ausgestaltung. Namentlich: Es werden regelmäßig völlig überzogene Geldforderungen aufgerufen.

Auch wenn Abmahnungen für die Abgemahnten meist eine sehr unschöne und lästige Angelegenheit sind, sollte man hier regelmäßig in den sauren Apfel beißen und sich fachkundig beraten lassen. Die Erfahrung lehrt, dass es sonst meist noch teurer wird. Kaum einmal ist die folgende Redewendung trefflicher: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.

Aber immer noch präsent: Rechtsmissbräuchliche Abmahnungen

Nicht verschwiegen werden darf, dass sich in den letzten Jahren eine gewisse Abmahnindustrie entwickelt zu haben scheint. Damit ist vereinfacht gesprochen gemeint, dass es dem Abmahner nicht (primär) um die Ahndung des wettbewerbsrechtlichen Verstoßes an sich geht, sondern vielmehr um das Ausnutzen der gesetzlich vorgesehenen Kostenerstattungspflicht hinsichtlich der Abmahnkosten.

Da werden dann häufig im Zusammenwirken mit einem Rechtsanwalt massenweise Mitbewerber abgemahnt. Diese mögen auch tatsächlich einen Wettbewerbsverstoß begangen haben, was den Abmahner aber eigentlich gar nicht stört. Vielmehr geht es dem Abmahner darum, dass er bzw. sein Rechtsanwalt die Kosten für die (im Grundsatz ggf. berechtigte) Abmahnung erstattet bekommt (siehe § 13 Abs. 3 UWG).

Grundsätzlich ist es nämlich so: Der Abmahner beauftragt einen Rechtsanwalt für die Fassung und Aussprache der Abmahnung. Der Rechtsanwalt bekommt dafür die gesetzliche Vergütung, die in wettbewerbsrechtlichen Angelegenheiten in der Regel mindestens deutlich dreistellig ist. Diesen Betrag bekommt der Rechtsanwalt grundsätzlich – egal ob die Abmahnung letztlich berechtigt oder unberechtigt ist – vom auftraggebenden Abmahner. Dieser wiederum hat – im Falle der Berechtigung der Abmahnung – den vorgenannten Erstattungsanspruch hinsichtlich der Abmahnkosten gegenüber dem Abgemahnten.

Der Gesetzgeber ist auf der Hut

In der Praxis handhaben es die Abmahnindustriellen aber regelmäßig wie folgt: Es wird vereinbart, dass der Abmahner die Kosten für den Anwalt unter keinen Umständen zahlen muss, gleichwohl aber an den vom Abgemahnten zu „erstattenden“ Kosten durch den Rechtsanwalt beteiligt wird. Das ist aber alles andere als im Sinne des Erfinders, namentlich des Gesetzgebers. Ein solcher Abmahnungsmissbrauch wird von § 8c UWG verboten. In dessen Absatz 2 finden sich mittlerweile diverse die Rechtsmissbräuchlichkeit begründende Indizwirkungen. Die vorgenannte Missbrauchskonstellation unterfällt dem in 8c Abs. 2 Nr. 1 genannten Regelbeispiel.

Da sich insbesondere im Bereich des Online-Handels und der Datenschutzverstöße (insbesondere gegen die DSGVO) die missbräuchlichen Abmahnungen tummelten, verwehrt der Gesetzgeber überdies hier nunmehr von vornherein jedweden Abmahnkosten-Erstattungsanspruch im Hinblick auf – auch berechtigte und nicht missbräuchliche – diesbezügliche Abmahnungen (siehe § 13 Abs. 4 UWG). Bzw. bzgl. der Datenschutzverstöße gilt diese Neuregelung nur betreffend Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern.

Auch im Urheberrecht Schutz vor rechtsmissbräuchlichen Abmahnungen

Im Urheberrecht gibt es zwar keine dem § 8c UWG entsprechende Spezialvorschrift, allerdings können hier vergleichbare Grundsätze über die Generalklausel des § 242 BGB zum Zuge kommen.

Zudem hat der Gesetzgeber der Abmahnindustrie zwischenzeitlich (2013) mit der Streitwertbegrenzung in § 97 Abs. 3 S. 2 UrhG in durchaus schmerzhafter Weise den Zahn gezogen. Effektiv dürfen demnach grundsätzlich von abgemahnten natürlichen Personen nur noch maximal 159,94 Euro „anwaltliche Abmahnkosten“ verlangt werden. Vor der gesetzgeberischen Intervention war es häufig ein Vielfaches.

Argument des Rechtsmissbrauchs als beliebter „Konter“

Da nur die wenigsten Anwälte Interesse an vorgenannten unredlichen – seinerseits unlauteren – Geschäftsmodellen haben, läuft der regelmäßig von Seiten des Abgemahnten kommende Rechtsmissbrauchseinwand meist ins Leere. Insofern stellt sich auch die Frage, ob der Gesetzgeber mit mancher – freilich gutgemeinten – Neuregelung übers Ziel hinausgeschossen ist.

Das Gros der Abmahnungen erfolgt in redlicher Absicht und die etwaige vorgenannte gesetzliche Überoptimierung könnte die kaum gewollte Konsequenz haben, dass manch in seinen Rechten Verletzter aufgrund des nunmehr wenig überschaubaren Kostenrisikos generell auf eine Rechtsdurchsetzung verzichtet oder vorschnell den gerichtlichen Weg sucht.

Und gerade zur Vermeidung von Letzterem waren Abmahnungen ja gedacht. Insofern lässt sich konstatieren, dass gewisse schwarze Schafe bewirkt haben, dass der Sinn und Zweck von Abmahnungen durch die Neuregelungen ein Stück weit konterkariert worden ist.

Warnung vor Abmahnung ohne anwaltliche Hilfe

Die Neuregelung des § 13 Abs. 2 i.V.m. Abs. 5 UWG führt in Parallele zu dem ähnlich lautenden § 97a Abs. IV UrhG bei einer unzureichenden Abmahnung dazu, dass der Abgemahnte seinerseits die (anwaltlichen) Kosten für die Verteidigung gegen die Abmahnung vom Abmahner verlangen kann. Das gilt selbst dann, wenn die Abmahnung grundsätzlich berechtigt ist – bzw. sein könnte – und bloß an einer gewissen „inhaltlichen Schwäche“ leidet.

Jedes Recht zur Abmahnung hat man auch im Falle gewisser ungerechtfertigter Bewertungen.

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